Eröffnungsrede zum 6. NaturErlebnisTag 2015

Eröffnungsrede zum 6. NaturErlebnisTag 2015

von Petra Häffner MdL, Bündnis´90 / Die Grünen

Sehr geehrter Herr Forster,

sehr geehrter Herr Eißele,

liebe Naturfreunde,

liebe große und kleine Besucherinnen und Besucher der Naturerlebnistage,

herzlichen Dank für die Einladung zum Natur-Erlebnistag. Herzlichen Dank für die Gelegenheit, dass ich hier zur Begrüßung reden darf.

Normalerweise muss man zum Almauftrieb weit fahren – hierin Weinstadt hat man so ein Ereignis direkt vor der Haustür.Auch der Aufstieg von 241 m auf 447 Höhenmeter ist nicht ohne.

Der Naturerlebnistag findet bereits zum 6. Mal statt und ist ein toller Erfolg! – Ich glaube, mit diesem Angebot haben Sie einen guten Riecher bewiesen. Das Naturfreundehaus, ihr „Waldheim“ hier obenlohnt den Aufstieg allein wegen der phantastischen Aussicht. Verlockend sind aber auch das bunteAngebotregionaler Produkte: Fisch, Wild, Honig, Wein und selbstgebackene Kuchen.

DieNaturfreunde stehen ja gewissermaßen an einergrün-roten Schnittstelle. Ihre Anfänge wurzeln in der sozialistischen Arbeiterbewegung. Zunächst war und ist es ein wichtiges Anliegen, Arbeitern und ihren Familien den Zugang zur freien Natur zu ermöglichen und kulturelle und soziale Benachteiligungen zu überwinden.Heute ist das Recht auf freien Zugang zur Natur zumindest hier bei uns im Schurwald und Schwäbischen Wald kein Thema. Die Frage heute ist eher, wie man die Menschen in die Natur lockt und ihnen die Naturschätze näher bringt, die buchstäblich vor der Haustür auf Entdeckung warten.

  • Ich sehe die Naturfreunde heute vor allem auch in der Rolle als Vermittler. Sie vermitteln Liebe zur heimischen Natur und unserer gewachsenen Kultur-Landschaft, wie dies zum Beispiel durch den von ihnen erstellten Kulturlandschaftspfad geschieht.
    Das Wissen um das Wirtschaften im Einklang mit der Natur, und das Wissen um das sensible Zusammenleben von heimischen Tier- und Pflanzarten geht verloren. Was man aber nicht kennt, schützt man nicht. Ihre Angebote zur Umweltbildung – wie im Kinderferienprogramm – sind deshalb ein wichtiger Beitrag, um „Naturwissen“ zu bewahren. Umweltbildung ist zwar auch schon in den Lehrplänen der Schulen verankert. Die beste Umweltbildung bekommt man aber beim Streunen, Spielen und Entdecken in der Natur.
  • Naturfreunde sind auch Vorbilder und halten Traditionen lebendig: Sie bewirtschaften und pflegen hier in Weinstadt eine große Streuobstwiese und schenken den eigenen Most aus. Sie bieten Obstbaum-Schnittkurse an, sie laden zur gemeinsamen Apfellese ein.
  • Und: Naturfreunde sind als Anwälte der Naturgefragt. Sie hatten immer den Anspruch gesellschaftspolitisch aktiv zu sein. Das schätze ich an Ihrem Verband.Aktuelles Beispiel sind die jetzt im ganzen Remstal anstehenden Planungen zur Interkommunalen Gartenschau. Gemeinsam mit anderen Naturschutzverbänden haben Sie ihr Veto eingelegt und sehen Maßnahmen kritisch, bei denen die Natur am Fluss zur Kulisse degradiert wird wie z.B. beim geplanten Aussichtspunkt am Naturdenkmal in Kernen. Sie appellieren an die Kommunen, bei den Planungen mit der Natur schonend umzugehen.

Natur nützen und genießen und sie gleichzeitig schützen– das ist ein hoher Anspruch und gar nicht immer einfach umzusetzen. Dass es geht, zeigen die Naturfreunde Baden-Württemberg mit dem Programm „Natura Trails – Urlaub vor der Haustür“, das Naturschutz und sanften Tourismus unter einen Hut bringt. Mit den „Natura Trails“ stehen die Naturfreunde nun im Finale des Europäischen Natura 2000 Preises– in wenigen Tagen, am 21. Mai ist die Preisverleihung in Brüssel, wo sie auf jeden Fall dabei sind. Ich drücke Ihnen die Daumen für eine gute Plazierung!

Abschließend will ich einige Schwerpunkte unserer grün-roten Naturschutz und Tourismuspolitik nennen.

  • Im Naturschutz haben wir den Etat von 30 Mio. Euro im Jahr 2011 schrittweise auf 60 Mio. Euro im Jahr 2016 verdoppelt.
  • Das Naturschutzgesetz haben wir novelliert und modernisiert. Beispiele für Verbesserungen sind Alleenschutz, Schutz unzerschnittener Räume, gesetzliche Absicherung der Landschaftserhaltungsverbände, 3.000m-Abstandsregelung für Agrogentechnik von Schutzgebieten und verbesserte Mitwirkungsrechte der Naturschutzverbände
  • Im Tourismus sind nachhaltige Angebote unser zentrales Anliegen und damit liegen voll im Trend: 70% der BW-Urlauberinnen haben an Naturtourismus sehr großes Interesse.
  • Auf einen Erfolg bin grün-roter Naturschutzpolitik bin besonders stolz: Wir haben in Baden-Württemberg einen Nationalpark im Schwarzwald gemäß den Nationalen Qualitätskriterien für Nationalparke eingerichtet. „Eine Spur wilder“ ist das Motto. Ein großer Wurf für Natur, Erholung und Tourismus im Schwarzwald und im ganzen Land.
  • Der Schwarzwald ist weit weg von hier aus gesehen, aber wir haben auch für den Naturschutz in der Agrarlandschaft viel erreicht. Die Förderung der Grünlandbewirtschaftung – insbesondere die des artenreichen Grünlands wurde deutlich angehoben, und erstmals wird eine Unterstützung für die Pflege von Streuobstbäumen gezahlt – und dies auch an Privatpersonen. Die Landschaftspflegerichtlinie wurde mit deutlich mehr Geld ausgestattet und auch der Bio-Landbau wird höher als bisher gefördert.

Gemeinsam mit engagierten Verbänden wie den NaturFreunden und einer gut aufgestellten Naturschutzpolitik sehe ich die Zukunft unserer Natur und Kulturlandschaft in guten Händen.

In diesem Sinne wünsche ich uns allen einen schönen Tag. Lassen Sie uns das reiche kulinarische und kulturelle Angebot, das uns hier geboten wird, genießen.

60 Jahre NaturFreundehaus

60 Jahre NaturFreundehaus Strümpfelbach

Die NaturFreunde Weinstadt sind der Rechtsnachfolger des 1911 gegründeten Arbeiterturn – und Gesangvereins Vorwärts. Bereits 1913 weihte dieser aktive Arbeiterverein die erste Sporthalle Weinstadts ein. Sie musste wegen der Kriegsumstände an die Gemeinde verkauft werden. Dem Verein wurde jedoch ein unentgeltliches Nutzungsrecht eingetragen. Diese originelle Fachwerkkonstruktion tat ihren Dienst bis sie 1961 dem Parkplatz vor der neuen Gemeindehalle Strümpfelbachs in den Steinwiesen weichen musste. 1931/32 errichtete der Verein bei seinem Sportplätzle im Gewann Breitgarten eine Blockhütte mit Keller, das Strümpfelbacher Waldheim. Mit der Machtergreifung der Nazis 1933 erfolgten Verbot, Enteignung und Verfolgung. Das Blockhaus wurde dann von der NSDAP dem Strümpfelbacher NS-Ehrenbürger und Gaukulturwart Dr. Georg Schmückle übereignet. Nur wenige Monate nach dem 2. Weltkrieg, im Sommer 1945, stellten die ehemaligen Arbeiterturner und Sänger den Antrag auf Wiedergenehmigung auf dem Dienstweg. Jedoch erst nach über zweijährigem Konflikt mit dem damaligen Bürgermeister Ritter, der den Arbeiterverein bekämpfte und als „klassenkämpferisch“ und „dem politischen Frieden in der Gemeinde abträglich“ zu disqualifizieren versuchte, erhielten die NaturFreunde am 28. April 1947 die Genehmigung zur Vereinsgründung durch die US-Militärregierung. Dem Bürgermeister wurde ins Stammbuch geschrieben, dass derlei willkürliche Unterbindungsversuche in der Demokratie nicht mehr möglich seien. Der Verein hatte damals rund 20 Mitglieder. Darunter Familiennamen wie Dreyer, Kamm, Mödinger, Weinbrenner, Kaiser, Schmid, Würtele und Widmaier. Schließlich gelang es erst 1949, nach einem Rechtsstreit, durch das Amt für Wiedergutmachung, das Eigentum zurück zu bekommen. 1950 konnte die Blockhütte als Wanderstützpunkt der NaturFreunde eingeweiht werden. Jedoch schon bald reifte der Gedanke des Baus eines NaturFreundehauses in Eigeninitiative. Der Neubau wurde dem Blockhaus übergestülpt und dieses erst nach dem Richtfest abgetragen. Viel Idealismus und Ausdauer war gefragt. Genau vor 60 Jahren, fand dann am Wochenende 7. bis 9. Mai 1954 die Hausweihe des „Strümpfelbacher Häusles“ statt. Zunächst hatte man nur sozusagen ein Dach über dem Kopf des Gastraums. Eine Küche gab`s noch nicht und wurde in Form eines Bretterverschlags erst später angebaut, den kleinen Keller des ehemaligen Blockhauses erreichte man per Falltüre, unterm Dach gab es Betten für Übernachtungsgäste und ein separates Klohäusle stand abseits im Wald. Wasser musste in Tanks mitgebracht werden, später wurde ein Brunnen gegraben. Zur Einweihung hatten sich mehr als 3000 Besucher an der nagelneuen „Stätte der sozialen Begegnung und politischen Kultur“eingefunden. Der damalige Bericht zur Hausweihe kommentiert: „Wimpel flatterten im Winde. Musik und Gesang erschallte. Bis in die Abendstunden herrschte fröhliches Treiben auf dem Festplatz.“

Seit jenem Tag hat sich oben am Schurwaldrand einiges verändert. Bereits 1959 folgte unter der Führung der Brüder Albert und Andreas Widmaier der 2. Bauabschnitt mit Keller, Küche und Nebenräumen. Unter der Ägide von Hans Schmid, Bäckermeister, (Vorsitzende Siegfried Weinbrenner und Alfred Wilhelm) wurde 1971 eine 1125 m lange Wasserleitung per Hand nach Lobenrot gegraben und 1973 eine 750 m lange Abwasserleitung hinunter ins Tal gebaggert. In der Zwischenzeit wurde das NaturFreundehaus mehrfach verpachtet. Unter Herbert Anger (1975/91) und Willy Sauerzapf (1985/91) bildete sich ein gesonderter Hausbetreuungsverein. 1978 wurde der Gastraum modernisiert. Ab 1991 kam es zum Politikwechsel im Verein und die Hausbewirtschaftung wurde bis 2012 von den Mitgliedern und Freunden des Vereins selbst getragen,( Hausreferenten und Vorsitzende: Wolf Dieter Forster, Anton Blank). Während dieser Zeit wurden verschiedene Projekte durchgeführt, die das Erscheinungsbild des NaturFreundehauses nachhaltig veränderten. So ein neuer Parkplatz, Kauf der Festwiese, die Erweiterung des Gastraums durch den Luginslandanbau (1995) mit seinem Panoramablick hinaus über die Waiblingen Bucht ins Gäu, Vergrößerung und Gestaltung der Terrasse rund ums Haus, Erneuerung der Toiletten und Umbau des Sanitärtrakts im 1. Stock (1999/2000) und Renovierung des gesamten Hauses, einschließlich Zimmer und Matratzenlager. Später erfolgte der Kauf und das Anpflanzen der 54 Ar großen Streuobstwiese, so dass unser Gelände jetzt 1,3 ha umfasst. Auch der Bau eines Schichtwasserbrunnens mit historischer Pumpe und eines Laufbrünneles und Grillplatzes, des Schweingrubenbrünneles sind Attribute mit Alleinstellungsmerkmalen. 2006 verfasste Fritz Olbrich, ein NaturFreund von Kirchberg/Murr, eine Laudatio auf unser Haus: Er adelte das NaturFreundehaus Strümpfelbach als „Unser Sechs-Sterne-Umwelthaus“ und machte es in einer Veröffentlichung unter den NaturFreundehäusern als vorbildlich bekannt: „Fotovoltaik, Thermosolar, Geothermie, Dachbegrünung, Streuobstwiese und Heckenanlage. Mit diesen sechs Öko-Sternen hat die Ortsgruppe Weinstadt ihr NaturFreundehaus Strümpfelbach in Weinstadt ausgezeichnet“. 2010 konnte die Ortsgruppe unter Anteilnahme der Bevölkerung den Rundwanderweg Kulturlandschaftspfad beim 1. Naturerlebnistag beim NaturFreundehaus einweihen. Hinweisschilder und Infotafeln einschließlich Wildbienenhäusle auf unserer Streuobstwiese kosteten 16 000 €. Und da sind wir auch wieder beim Ausgangspunkt des heutigen Tages, der Verbindung unseres 60-jährigen Hausjubiläums mit dem heutigen 5. Naturerlebnistag. Wir suchen als politischer Verein neue Möglichkeiten für gemeinsames Naturerleben und nachhaltigen Tourismus zu vermitteln und unterstützen die Vermarktung regionaler Produkte. Nicht Konsum von fertiger Unterhaltung steht auf dem Programm, sondern das Erleben und Genießen von Landschaft, Kultur und Geschichte. Ich wünsche unserem neuen Vorstandsteam mit Paul Alexander Eißele und Armin Kiesel an der Spitze weiterhin die Tatkraft, die sie bereits an den Tag gelegt haben und wünsche unseren neuen Pächtern dem Ehepaar Dorer die Fortsetzung des guten Starts vom 1. Mai.

Wolf Dieter Forster, Ehrenvorsitzender

100 Jahre NaturFreunde Weinstadt

100-jähriges Jubiläum der NaturFreunde Weinstadt 4.11.2011

Die NaturFreunde OG Weinstadt, Verband für Umweltschutz, sanften Tourismus, Sport und Kultur, als Rechtsnachfolger des Arbeiterturnvereins „Turnerbund Strümpfelbach“ begehen heute ihr 100-jähriges Jubiläum. 100 Jahre wird nicht jeder. In BW gibt es 10 000 Menschen über hundert Jahre. In solch einem langen Leben macht man viel mit. Daher hat auch unser Verein bewegte Zeiten hinter sich. Der Spannungsbogen reicht vom Kaiserreich über die Weimarer Republik, das Dritte Reich mit Verbot und Verfolgung auch unseres Vereins, der amerikanischen Besatzungszeit bis zur 2. Republik, der wiedervereinigten Bundesrepublik.
Unser Verein hat eine ausgeprägte politische Vergangenheit und ist auch heute politisch aktiv und hat die Nachhaltigkeit als Zielsetzung. Wir sind kein bloßer Wander- oder Geselligkeits- bzw. Gemütlichkeitsverein, sondern ein Verein mit klarer Tradition und seinen Wurzeln in der Arbeiterbewegung der Sozialdemokratie und den Gewerkschaften.

Dabei bedeutet „Tradition nicht Asche zu bewahren, sondern eine Flamme am Brennen zu erhalten“:
Unsere modernen Leitideen Umweltschutz, sanfter Tourismus, Sport und Kultur sind tief verwurzelt in gesellschaftlicher Verantwortung und sozialer Gerechtigkeit. Dabei ist die ökologische Frage untrennbar mit der sozialen verbunden. Seit 1910 lautet das kämpferische Motto der NaturFeunde „Berg frei!“. Es ist ursprünglich Ausdruck nach mehr Recht auf Freizeit in den Bergen und der ganzen Natur. Natur nicht nur für die Privilegierten, sondern auch für die kleinen Leute.
Seit 1995 sind wir anerkannter Umweltschutzverband und arbeiten mit den anderen Naturschutzverbänden zusammen.

In einer Veröffentlichung 2006 hat der Kirchberger NaturFreund Fritz Olbrich unsere Arbeit gewürdigt und das NaturFreundehaus Strümpfelbach als das „Sechs-Sterne-Umwelthaus“ hervorgehoben. Er nennt: Thermosolar, Fotovoltaik, Geotherm (Erdwärmenutzung), Dachbegrünung, Streuobstwiese mit Heckenanlage und die drei Brunnenanlagen. Mittlerweile, im Mai 2010, konnten wir nach langer Vorbereitung den 8 km langen Strümpfelbacher Kulturlandschaftspfad im Rahmen eines Naturerlebnistages einweihen. Ein Rundwanderweg, der unsere vielseitige Kulturlandschaft entlang dem Keuperstufenrand und dem Schurwald unter Einbeziehung aller Elemente dieser Landschaft erschließt. Er soll das Interesse an Natur und Umwelt fördern und dabei naturkundliches, ökologisches und historisches Wissen, sowie praktische Naturschutzmaßnahmen vermitteln. Dank auch anwesender Mäzene , wie Peter Struwe, Werner und Margret Kuhnle, Karlheinz Weckerle (KSK) und OB Oswald für die Stadt Weinstadt, konnten wir die 14 500 € Gesamtkosten für Hinweisschilder, Infotafeln und Wildbienenhäusle schultern. Mittlerweile hat sich der Naturerlebnistag zur Förderung des Umweltschutzgedankens Anfang Mai mit vielseitigen Anbietern von regionalen Naturprodukten zu einer festen Instanz entwickelt. Auch unser Engagement zusammen mit anderen Vereinen und der Stadt Weinstadt zur Erhaltung der Streuobstwiesen ist ein Beitrag der unserem Vereinsprofil entspricht.

Und nun zurück zu den historischen Anfängen:
Als am 29.10.1911 der Arbeiterverein Turnerbund Strümpfelbach gegründet wurde, gab es hierzu eine Vorgeschichte. Diese wurzelt in der gesellschaftspolitischen Situation des letzten Viertels im 19 Jh.. Es ist die „Soziale Frage“. Damals drohten große Teile der ständig wachsenden Bevölkerung immer mehr zu verelenden, um als Proletariat dahinzuvegetieren. Nach Aufhebung der Bismarck´schen Sozialistengesetze (1878/1890) fanden die Ideen der Sozialdemokratie zur Verbesserung der sozialen Lage immer mehr Anhänger. Neben Gewerkschaften wurden Konsumvereine und sozialdemokratische Arbeitervereine gegründet.

Bei der Fabrikarbeit, z.B. in Cannstatt in der Mercedesschuhfabrik von Haueißen und Marx, kamen auch die Arbeiter aus den umliegenden Städten und Dörfern mit dem sozialistischen Gedankengut in Berührung. Insbesondere waren es die Waiblinger Auspendel-Arbeiter, die in ihrem Oberamt agitierten und auch öfters Ausflüge mit Musikerbegleitung, z.B. nach Strümpfelbach ins Lamm organisierten, um die dortigen Arbeitskollegen zu ermuntern sich politisch zusammenzuschließen und ihre eigene politische Arbeiterkultur zu entwickeln. Dies geschah erstmals 1905/07 mit der Gründung eines vorerst kurzlebigen sozialdemokratischen Vereins. Doch dieselben Arbeiter gründeten dann am 29.10.1911 einen ersten Strümpfelbacher Turnverein, den Turnerbund Strümpfelbach, um dann 1912 eine Neugründung des SPD-Ortsvereins mit 18 Mitgliedern durchzuführen. Dabei blieb es aber nicht. Es waren 41 junge Arbeiter unter ihrem Vorsitzenden Julius Sieber, die dann bereits am 4. Mai 1913 die erste Turnhalle auf Weinstädter Markung einweihten. Standort war „In den Steinwiesen“, Qudratmeterpreis 1,56 Mark, (Stundenlohn eines Schuhfabrik-Arbeiters 20 Pfennig), auf dem heutigen Parkplatz gegenüber der Gemeindehalle. Gebaut wurde eine 194 qm große Halle in Fachwerkbauweise unter Anleitung von Zimmermann Paul Hörsch. Da zu wenig Geld da war übernahm die Dachorganisation des Turnerbund vorübergehend die Halle für 2200 Mark. Doch der 1. Weltkrieg machte einen Strich durch die Rechnung. Die Halle wurde daher 1917 der Gemeinde angeboten und diese kaufte sie dann als Gemeindehalle für 3700 Mark und unter der Bedingung der Eintragung auf unentgeltliche Nutzung durch den Turnerbund.

Zehn Mitglieder waren gefallen und der Verein stark geschwächt. Zusätzlich kam es während der Revolution 1918/19 zur Spaltung der Arbeiterschaft in SPD, USPD und KPD. Die Strümpfelbacher Arbeiter wählten überörtlich alle drei Parteien gleich stark. Später schied die USPD aus und das Stimmenverhältnis verschob sich bis 1933 auf das Doppelte zugunsten der KPD. Bei den Gemeinderatswahlen bildeten sie eine überparteiliche „Freie Wählervereinigung“ und überwanden auch im Turnerbund die unterschiedlichen Richtungen indem sie sogar 1922 eine Sängerabteilung gründeten. Der Verein nannte sich danach „Arbeitersport- und Gesangverein Vorwärts Strümpfelbach“. Es gab zusätzlich zum Sport und Gesang Theateraufführungen als Winter- und Frühjahrsunterhaltung, so z.B. den „Esslinger Postmichel“.
1927 wurde ein prächtiges Sängerfest mit Fahnenweihe und Festzug ausgerichtet. Diese Fahne wird in unserem Gastraum aufbewahrt.

1925 wurde ein Consumverein gegründet um preiswert einkaufen zu können. 1928 kam immer mehr das Fußballspielen auf und die Gemeinde stellte im Breitgarten im „obersten Gewann“ ein Grundstück als Sportplatz zur Verfügung, praktisch unser heutiger Parkplatz. 1931/32 folgte der Bau einer Blockhütte mit Keller – das „Waldheim“. Im März 1933 wurde der Verein als staatsfeindlich vom Liquidator gelöscht und verboten. Die Mitglieder mussten Hausdurchsuchungen über sich ergehen lassen. Die Blockhütte und alle Vermögensgegenstände, diese wurden akribisch aufgelistet, wurden beschlagnahmt und der NSDAP Strümpfelbach übereignet. Auch die Fahne musste auf dem Rathaus abgeliefert werden und es gab Order sie zu verbrennen. Sie überlebte jedoch diese Anordnung.

Am 1.Mai 1937 erwarb Nazidichter, Gaukulturwart und NS-Ehrenbürger von Strümpfelbach Dr. Georg Schmückle das Waldheim durch Privatvertrag mit der NSDAP. Er kaufte auch das der Gemeinde gehörende Grundstück zu 20 Pf. den qm.

Bereits im Juni 1945 versuchten die Arbeiter ihr Blockhaus wieder zu bekommen, aber es sollte noch Jahre dauern. Im Sommer 1946 wollten die Arbeiter einen neuen Sport- und Kulturverein gründen, jedoch kam es zu massiven Behinderungen durch die Ortsbehörde. Bürgermeister Ritter meinte: „Wir brauchen keinen Verein mit klassenkämpferischen Zielen, das führt nur zu Streit im Dorf“. Außerdem durfte laut Anweisung des Landrats nur ein Verein einer Art wieder gegründet werden. Und da waren die Konservativen bereits schneller. Schließlich einigten sich die Arbeiter darauf einen Wander- und Kulturverein als Ortsgruppe des bereits von der Militärbehörde genehmigten Landesverbandes der NaturFreunde zu gründen. Dem widersprechenden Ortsschultes schrieb der Landrat: „Die NaturFreunde haben bereits eine Lizenz der Militärregierung, eine Ablehnung durch örtliche Behörden dürfte daher nicht möglich sein und ist im demokratischen Staat auch nicht tragbar“.
1948 folgte die Anerkennung als Rechtsnachfolger des Arbeitervereins und am 10.12.1949 erhielten die NaturFreunde vom Amt für Wiedergutmachung das Blockhaus zurückerstattet.

Bereits während der Renovierung der alten Blockhütte reifte der Gedanke eines Neubaus. 1953/54 wurde dann ein erster Bauabschnitt errichtet und am 7.-9. Mai 1954 eingeweiht. Rund 3000 kamen zu diesem überwältigenden Fest. Im Sommer 1959 folgte dann das Richtfest des 2. Bauabschnitts mit Keller, Küche ,Toiletten. Weitere wichtige Daten sind: 1971 Wasserleitungsbau einer 1,2 km langen Leitung nach Lobenrot, 1973 folgt der Bau der 750 m langen Abwasserleitung hinunter ins Strümpfelbachtal. 1978 Umbau des NaturFreundehauses. 1995 Luginslandanbau mit dem Panoramablick hinunter auf die Waiblinger Bucht und hinaus ins Gäu. 1996/97 Thermosolar und Fotovoltaikanlage. 1999/2000 Erweiterung des Sanitärbereichs und der Fotovoltaikanlage. 2006 Umstellung von Öl- auf Erdwärmeheizung.
In den letzten Jahren wandelte sich der hausbetreuende Touristenverein zum anerkannten „Verband für Umweltschutz, sanften Tourismus, Sport und Kultur“
Unserem Verein möchte ich für die Zukunft wünschen, dass sich auch weiter Personen finden, die bereit sind sich für unsere Ziele einzusetzen um das vorhandene Erbe fortsetzen.

Wolf Dieter Forster, Vorsitzender