60 Jahre NaturFreundehaus

60 Jahre NaturFreundehaus Strümpfelbach

Die NaturFreunde Weinstadt sind der Rechtsnachfolger des 1911 gegründeten Arbeiterturn – und Gesangvereins Vorwärts. Bereits 1913 weihte dieser aktive Arbeiterverein die erste Sporthalle Weinstadts ein. Sie musste wegen der Kriegsumstände an die Gemeinde verkauft werden. Dem Verein wurde jedoch ein unentgeltliches Nutzungsrecht eingetragen. Diese originelle Fachwerkkonstruktion tat ihren Dienst bis sie 1961 dem Parkplatz vor der neuen Gemeindehalle Strümpfelbachs in den Steinwiesen weichen musste. 1931/32 errichtete der Verein bei seinem Sportplätzle im Gewann Breitgarten eine Blockhütte mit Keller, das Strümpfelbacher Waldheim. Mit der Machtergreifung der Nazis 1933 erfolgten Verbot, Enteignung und Verfolgung. Das Blockhaus wurde dann von der NSDAP dem Strümpfelbacher NS-Ehrenbürger und Gaukulturwart Dr. Georg Schmückle übereignet. Nur wenige Monate nach dem 2. Weltkrieg, im Sommer 1945, stellten die ehemaligen Arbeiterturner und Sänger den Antrag auf Wiedergenehmigung auf dem Dienstweg. Jedoch erst nach über zweijährigem Konflikt mit dem damaligen Bürgermeister Ritter, der den Arbeiterverein bekämpfte und als „klassenkämpferisch“ und „dem politischen Frieden in der Gemeinde abträglich“ zu disqualifizieren versuchte, erhielten die NaturFreunde am 28. April 1947 die Genehmigung zur Vereinsgründung durch die US-Militärregierung. Dem Bürgermeister wurde ins Stammbuch geschrieben, dass derlei willkürliche Unterbindungsversuche in der Demokratie nicht mehr möglich seien. Der Verein hatte damals rund 20 Mitglieder. Darunter Familiennamen wie Dreyer, Kamm, Mödinger, Weinbrenner, Kaiser, Schmid, Würtele und Widmaier. Schließlich gelang es erst 1949, nach einem Rechtsstreit, durch das Amt für Wiedergutmachung, das Eigentum zurück zu bekommen. 1950 konnte die Blockhütte als Wanderstützpunkt der NaturFreunde eingeweiht werden. Jedoch schon bald reifte der Gedanke des Baus eines NaturFreundehauses in Eigeninitiative. Der Neubau wurde dem Blockhaus übergestülpt und dieses erst nach dem Richtfest abgetragen. Viel Idealismus und Ausdauer war gefragt. Genau vor 60 Jahren, fand dann am Wochenende 7. bis 9. Mai 1954 die Hausweihe des „Strümpfelbacher Häusles“ statt. Zunächst hatte man nur sozusagen ein Dach über dem Kopf des Gastraums. Eine Küche gab`s noch nicht und wurde in Form eines Bretterverschlags erst später angebaut, den kleinen Keller des ehemaligen Blockhauses erreichte man per Falltüre, unterm Dach gab es Betten für Übernachtungsgäste und ein separates Klohäusle stand abseits im Wald. Wasser musste in Tanks mitgebracht werden, später wurde ein Brunnen gegraben. Zur Einweihung hatten sich mehr als 3000 Besucher an der nagelneuen „Stätte der sozialen Begegnung und politischen Kultur“eingefunden. Der damalige Bericht zur Hausweihe kommentiert: „Wimpel flatterten im Winde. Musik und Gesang erschallte. Bis in die Abendstunden herrschte fröhliches Treiben auf dem Festplatz.“

Seit jenem Tag hat sich oben am Schurwaldrand einiges verändert. Bereits 1959 folgte unter der Führung der Brüder Albert und Andreas Widmaier der 2. Bauabschnitt mit Keller, Küche und Nebenräumen. Unter der Ägide von Hans Schmid, Bäckermeister, (Vorsitzende Siegfried Weinbrenner und Alfred Wilhelm) wurde 1971 eine 1125 m lange Wasserleitung per Hand nach Lobenrot gegraben und 1973 eine 750 m lange Abwasserleitung hinunter ins Tal gebaggert. In der Zwischenzeit wurde das NaturFreundehaus mehrfach verpachtet. Unter Herbert Anger (1975/91) und Willy Sauerzapf (1985/91) bildete sich ein gesonderter Hausbetreuungsverein. 1978 wurde der Gastraum modernisiert. Ab 1991 kam es zum Politikwechsel im Verein und die Hausbewirtschaftung wurde bis 2012 von den Mitgliedern und Freunden des Vereins selbst getragen,( Hausreferenten und Vorsitzende: Wolf Dieter Forster, Anton Blank). Während dieser Zeit wurden verschiedene Projekte durchgeführt, die das Erscheinungsbild des NaturFreundehauses nachhaltig veränderten. So ein neuer Parkplatz, Kauf der Festwiese, die Erweiterung des Gastraums durch den Luginslandanbau (1995) mit seinem Panoramablick hinaus über die Waiblingen Bucht ins Gäu, Vergrößerung und Gestaltung der Terrasse rund ums Haus, Erneuerung der Toiletten und Umbau des Sanitärtrakts im 1. Stock (1999/2000) und Renovierung des gesamten Hauses, einschließlich Zimmer und Matratzenlager. Später erfolgte der Kauf und das Anpflanzen der 54 Ar großen Streuobstwiese, so dass unser Gelände jetzt 1,3 ha umfasst. Auch der Bau eines Schichtwasserbrunnens mit historischer Pumpe und eines Laufbrünneles und Grillplatzes, des Schweingrubenbrünneles sind Attribute mit Alleinstellungsmerkmalen. 2006 verfasste Fritz Olbrich, ein NaturFreund von Kirchberg/Murr, eine Laudatio auf unser Haus: Er adelte das NaturFreundehaus Strümpfelbach als „Unser Sechs-Sterne-Umwelthaus“ und machte es in einer Veröffentlichung unter den NaturFreundehäusern als vorbildlich bekannt: „Fotovoltaik, Thermosolar, Geothermie, Dachbegrünung, Streuobstwiese und Heckenanlage. Mit diesen sechs Öko-Sternen hat die Ortsgruppe Weinstadt ihr NaturFreundehaus Strümpfelbach in Weinstadt ausgezeichnet“. 2010 konnte die Ortsgruppe unter Anteilnahme der Bevölkerung den Rundwanderweg Kulturlandschaftspfad beim 1. Naturerlebnistag beim NaturFreundehaus einweihen. Hinweisschilder und Infotafeln einschließlich Wildbienenhäusle auf unserer Streuobstwiese kosteten 16 000 €. Und da sind wir auch wieder beim Ausgangspunkt des heutigen Tages, der Verbindung unseres 60-jährigen Hausjubiläums mit dem heutigen 5. Naturerlebnistag. Wir suchen als politischer Verein neue Möglichkeiten für gemeinsames Naturerleben und nachhaltigen Tourismus zu vermitteln und unterstützen die Vermarktung regionaler Produkte. Nicht Konsum von fertiger Unterhaltung steht auf dem Programm, sondern das Erleben und Genießen von Landschaft, Kultur und Geschichte. Ich wünsche unserem neuen Vorstandsteam mit Paul Alexander Eißele und Armin Kiesel an der Spitze weiterhin die Tatkraft, die sie bereits an den Tag gelegt haben und wünsche unseren neuen Pächtern dem Ehepaar Dorer die Fortsetzung des guten Starts vom 1. Mai.

Wolf Dieter Forster, Ehrenvorsitzender